Nägel für die Welt
Mathes, der Sohn des Nagelschmieds, 1927
Mathes fluchte. Mit weit ausholenden, schnellen Schritten, den Oberkörper vornüber gebeugt, nahm er die Straße aus Peterswald hinauf nach Löffelscheid, den Blick fest auf den lehmig-trockenen Staub gerichtet. Noch stand die frühe Maisonne zu flach, um den Tag zu erhellen. Doch vernahm er schon das harte, metallische Hämmern aus dem weit geöffneten Tor der Schmiede links vor ihm, und das regelmäßige Knarren des Laufrades.
„He, Mathes!“, schrie Jakob, der Schmied, ihm zu. „Isser schu mol fortgelaaf? Dä is schlauer wiw auer ganz Famillich!“ Er lachte dröhnend, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Mathes erkannte, dass er heute mit den Gebirgsschuhnägeln beschäftigt war, die sein Vater gestern ebenfalls hergestellt hatte. Komplizierte Gebilde waren das, filigrane Arbeit. Selbst ein guter Schmied konnte leicht mehr Ausschuss als Brauchbares produzieren, wenn er nicht geschickt und konzentriert bei der Arbeit war. Gestern Abend hatten die Mädchen um den großen Tisch gesessen, Vaters Ertrag der vergangenen Tage sortiert, die schlechten in die Bütt, die guten in die Leinensäckchen, immer genau hundert Stück. Einmal vom Vater für gut befunden, wurden sie zugeschnürt und abgestellt. 20 dieser Säcke sollte er heute zum Schuster nach Altlay bringen.
Wenn so ein Gebirgsschuhnagel fertig und gut gelungen war, sah er aus, als wollte der Teufel selbst herausspringen! Kleine, irritierende Fratzen mit tiefliegenden Augenhöhlen unter den nach hinten gebogenen Hörnern, die einmal Leder und Sohle als Klammern miteinander verbinden sollten. Jedes Detail eines solchen Nagels hatte seine Funktion, musste präzise und genau gearbeitet sein, um dem Bergmann im Stollen festen Tritt zu garantieren. Jeder Nagel – ein kleines Kunstwerk!
„Ei jo!“ rief Mathes und versuchte, so schnell wie möglich die Schmiede zu passieren. Er wusste schon, was jetzt kam. „Eich hätt‘ dä schu längest dudgeschlaa! Mit dä Mistgabel wär eich kumm!“, brüllte Jakob. Mathes warf im Vorbeigehen einen Blick auf das knarrende Rad an der Außenwand. Ein großer struppiger Hund hinter einem Holzgitter mühte sich darin ab, lief und lief mit hängendem Kopf im Innern des Rades, hielt es in Gang, sorgte so dafür, dass der Blasebalg in der Schmiede die Glut in der Esse nicht ausgehen ließ. Erst wenn die Glocken zum Mittagsgebet läuteten, würde man ihn herausholen. Dann würde er sich in einer schattigen Ecke verkriechen und sich bis zum Abend nicht mehr rühren.